Statement zur Digitalisierung und Vernetzung von Patientendaten (DGG@ Hessischer Landtag)

Bei der öffentlichen Anhörung des Hessischen Landtags (Sozial- und Integrationspolitischer Ausschuss – gemeinsame Anhörung mit dem Ausschuss für Digitales zum Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen und in der Pflege) zu „Das Gesundheitswesen und die Pflege zukunftsfähig machen – Ausbau der Digitalisierung“ am 3. März 2022 nahm die DGG im Landtag zur Frage von Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ausbildung und Weiterentwicklung in den Gesundheits- und Pflegeberufen gemäß Landtagsprotokoll wie folgt Stellung:

(Dr. Stephan Schug) Die Gesellschaft für Gesundheitstelematik und auch ich persönlich sind seit gut 20 Jahren in dem Thema unterwegs. Ich habe ebenfalls ungefähr 20 Jahre die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Telematik im Gesundheitswesen“ begleitet und kenne die Situation in verschiedenen
Bundesländern daher sehr, sehr gut. Als Chief Medical Officer von ETHEL bin ich sehr viel in anderen europäischen Ländern herumgekommen. Beide Dinge möchte ich einfließen lassen.

Die Vernetzung von Patientendaten beruht letztlich darauf, dass ich eine elektronische Patientenakte als Kernelement der Digitalisierung und sektorübergreifenden Vernetzung habe. Da sind wir in Deutschland noch nicht so richtig weit. Beispiele aus dem Ausland zeigen, dass man sehr systematisch und mit sehr langem Atem mit Stufenplänen arbeiten muss. Die USA machen das meines Erachtens vorbildlich mit der stufenweisen Einführung eines interoperablen Datensatzes. In Deutschland gibt es ähnliche Ansätze. Ich denke, da brauchen wir noch ein bisschen Geduld. Die Patientenakten sind im Moment noch relativ wenig gefüllt. Auf die Telematikinfrastruktur kommen wir nachher im zweiten Themenblock.

Was die KI angeht, so hatte auch ich mir die ganzen Beispiele notiert. Vor allem in der digitalen Pathologie, in der digitalen Bildverarbeitung gibt es wirklich tolle Beispiele. Vor allem ist das ein Beispiel dafür, dass Ärztinnen und Ärzte tatsächlich mit diesen Technologien kooperieren und in Arbeitsteilung arbeiten können.

Deswegen schwenke ich jetzt auf das Thema der Datennutzung, der Datensolidarität ein. Der Begriff der Datenspende, den wir im deutschen Gesetz haben, wird international nicht so ganz geteilt, weil der Begriff Spende mehrdeutig ist. […] Die Mehrzahl der Patienten ist bereit, ihre Daten zu teilen, d.h. für ein Data-Sharing. Es ist [in der Anhörung] noch nicht so rausgekommen, dass die Bereitschaft, die Daten zu teilen, je nach Verwendungszweck unterschiedlich
ist. Ein gewisses Problem ist, dass die Industrie sehr gerne ausgegrenzt wird. In unserer Gesetzgebung ist sie durchgängig ausgegrenzt. Die Patienten sehen das auch nicht so gerne.

Da hilft der Blick nach Europa. Dort hat man inzwischen tolle Initiativen wie Data Saves Lives. Auch die französische Ratspräsidentschaft kümmert sich aktuell um diese Thematik. Es gibt viele Dinge wie Data Strategy, Data Governance usw., aber es gibt auch viele industrielle Initiativen, die sich in Projekte einbinden. Obwohl ich da persönlich ein bisschen skeptisch bin, möchte ich dafür plädieren, dass wir das in Deutschland ein bisschen offener sehen. Auch die Pharmaindustrie hat es inzwischen geschafft, in ihren eigenen Organisationen Extrabereiche abzutrennen, die sich in Projekte einbringen können. Warum braucht man das? Diese sogenannten Real World Data, die wir uns in den nächsten Jahren erschließen werden, also Daten unmittelbar aus der Versorgung, sind unter anderem für die Arzneimittelzulassung wichtig. Sie sind für Medizintechnik, für Wearables usw. wichtig. Da müsste mal überprüft werden, ob die Industrie tatsächlich so grundsätzlich ausgeschlossen bleiben muss.

Jetzt ist sicher keine Zeit, um diese ganzen Regelungen vorzustellen, die es gibt. Ich schwenke kurz zum Datenschutz und den Sicherungsmaßnahmen. Es ist erkannt worden, dass CyberSecurity wirklich ein absolutes Schwerpunktthema sein muss. Es gab wirklich unappetitliche Fälle zum Beispiel in Finnland, wo ein staatlicher Psychiatrieversorger gehackt worden ist und die Patienten damit erpresst worden sind. Auf der anderen Seite müssen wir wissen, dass es keinen perfekten Schutz gibt. Aber auch hier gibt es sehr interessante Wege nach vorne. Man kann für diese Big-Data-Forschung mit synthetischen Daten arbeiten. Auch da gibt es eine ganze Reihe von konkreten Projekten.

Quelle: Kurzbericht der Anhörung in der 73. Sitzung des Sozial- und Integrationspolitischen Ausschusses und der 27. Sitzung des Ausschusses für Digitales und Datenschutz des Hessischen Landtags am 3. März 2022